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GESCHICHTE(N). LEBEN. ERZÄHLEN.

gestern: heute: morgen:

Ernst Klee | Foto: DPA

ERNST KLEE

 

Live übertragen am 12.10.2023  GEDENKSTÄTTE HADAMAR

bei Youtube anschauen - ggf. mit Transkript: click here


„Ernst Klee und die Wiederentdeckung der NS-‚Euthanasie‘. Wechselwirkungen zwischen Journalismus, Öffentlichkeit und Wissenschaft.“ 


Öffentlicher Vortrag von Hans-Walter Schmuhl im Rahmen der Tagung „Die Wiederentdeckung der NS-Krankenmorde. Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der NS-‚Euthanasie‘ in den 1970er und 1980er Jahren“.


Ernst Klees bahnbrechendes Buch „Euthanasie im NS-Staat“ erschien erstmals 1983. 40 Jahre nach erscheinen dieses Werkes erläutert Schmuhl hieran die Wechselwirkungen zwischen Journalismus, Öffentlichkeit und Wissenschaft. Ebenfalls 1983 wurde die erste Ausstellung über die Krankenmorde in Hadamar gezeigt, damals in den historischen Kellerräumen, und der Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation gegründet. Gemeinsam bilden diese Ereignisse einen angemessenen Rahmen für die gesamte Tagung. Der besondere Bezug auf den 2013 verstorbenen Journalisten und NS-Forscher Ernst Klee besteht darin, dass dessen Nachlass in der Gedenkstätte Hadamar liegt und dort auch nutzbar ist.
Hans Walter Schmuhl ist außerplanmäßiger Professor an der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie der Universität Bielefeld. Er wurde 1986 mit einer Arbeit über die Geschichte der „Euthanasie“ von 1890 bis 1945 promoviert. Sein Doktorvater war Hans Ulrich Wehler, einer der Begründer der sogenannten Bielefelder Schule. Weitere Forschungsschwerpunkte von Schmuhl sind die Sozialgeschichte des Bürgertums und die Geschichte wissenschaftlicher Institutionen im „Dritten Reich“.

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Beitrag aus dem Konferenz-Report:


Verbindungslinien zwischen den Euthanasie-Morden und den Holocaustverbrechen


Internationale Konferenz zu Ehren von Henry Friedlander (1930-2012) und Ernst Klee (1942-2013)


10. - 12. Juni 2016, Berlin, Haus der Wannsee-Konferenz

 

click zum 10-seitigen Konferenz-Beitrag

click zu youtube

Im Rahmen des internationalen Museumstages veröffentlichen wir unter der Reihe #MeineEntdeckungFürEuch kurze Videos in denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gedenkstätte Hadamar Orte, Objekte und Themen aus ihrem Arbeitsalltag vorstellen.

In diesem Video stellt Esther Abel, wissenschaftliche Dokumentarin der Gedenkstätte, einen Teil des Nachlasses des Journalisten Ernst Klee vor, der 2018 in unsere Sammlung übergegangen ist.

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Anlässlich des 80. Geburtstages von Ernst Klee lädt die Gedenkstätte Hadamar zu einer Podiumsdiskussion zu seinen Ehren ein. 


Am 15.3.2022 wäre Ernst Klee 80 Jahre alt geworden. Er war einer der Vorreiter in der Erforschung der NS-"Euthanasie" und gleichzeitig einer der profiliertesten Forscher und Publizisten im Bereich der Aufklärung der "Euthanasie"-Verbrechen im Nationalsozialismus und deren mangelhafter strafrechtlicher Verfolgung. Für seine jahrzehntelange Arbeit wurde er u. a. mit dem Geschwister-Scholl-Preis und der Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet. Außerdem wurde 2005 eine Förderschule in Mettingen bei Münster nach ihm benannt. Im Jahr 2013 verstarb er. Noch zu seinen Lebzeiten hatte er mit seiner Frau Elke entschieden, den persönlichen Nachlass der Gedenkstätte Hadamar zu übergeben, die an die etwa 15 000 dort zwischen 1941 und 1945 im Rahmen der nationalsozialistischen "Euthanasie" Ermordeten erinnert.


Der umfangreiche Nachlass wird derzeit erschlossen und bietet einen Einblick in Ernst Klees Arbeit, die weit über das Gebiet der NS-"Euthanasie" als auch über weitere Themenkomplexe der NS-Verfolgung hinausgeht. Das Motto dieser Veranstaltung ist einer seiner früheren Arbeiten entnommen, der Sozialreportage "Die im Dunkeln…." von 1971. Das Zitat stammt aus einer 1930 vorgenommenen Erweiterung des Moritats von Mackie Messer, "Und der Haifisch, der hat Zähne" aus Bertolt Brechts "Dreigroschenoper".


Sein 80. Geburtstag ist eine schöne und angemessene Gelegenheit für Wegbegleiter:innen, Freund:innen und Kolleg:innen Ernst Klees, zusammen zu kommen und sich seiner Beharrlichkeit, seiner Offenheit und seines Lebenswerks zu erinnern und an ihn zu denken. Da Klee ein durch und durch politischer und zukunftsgewandter Mensch war, ist es nur konsequent, diesen Tag mit einer Podiumsdiskussion zu begehen, die von ihm aufgegriffene Inhalte mit den Herausforderungen der Gegenwart verknüpft.


Grußwort: Dr. Andreas Jürgens (Landeswohlfahrtsverband Hessen)
Moderation: Dr. Esther Abel (Gedenkstätte Hadamar)


Auf dem Podium:
Heidi Borhau (S. Fischer Verlage)
Peter Göbel-Braun (ehem. Hephata-Diakonie)
Werner Renz (ehem. Fritz Bauer Institut)
Erika Stotz-Breidenbach (ehem. Ernst Klee Schule Mettingen)

 

Anmerkung in eigener Sache:

Diese neueren Beiträge im An- und Bedenken zu Ernst Klee lassen auch etwas durchscheinen vom "Pioniergeist" der 70er-/80er Jahre in Bezug auf die Aufarbeitung der NS-Gräueltaten - sowie dem Paradigmenwechsel von Ex-klusion zu In-klusion im Zusammenleben aller Menschen mit unseren jeweiligen Beeinträchtigungen.

 

  • siehe dazu auch die folgende Diskussion von ORF 2, aus dem Jahre 1980 mit Ernst Klee in der Runde - und seine Ideen damals ...:

 

Die Entwicklung der Ideen von Ernst Klee von 1980 bis 2022 in 2 Beiträgen dokumentiert und angedeutet

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ORF Club 2

"Wohin mit den Behinderten", 

3. Jänner 1980, mit Prim.

 

Andreas Rett (Kinderneurologie Rosenhügel), Pater Gots (Behindertendorf Altenhof), Ernst Klee (Journalist), Volker Schönwiese (Student), Emmy Buchar (Mutter eines beh. Kindes), Alfred Turnovszky (Verband d. Querschnittsgelähmten) u. Marion Turnovszky;

Gastgeber: Hubert Feichtlbauer.


Es ist hier an der Schwelle zu den 1980er-Jahren u.a. eine Grundsatz-Auseinandersetzung zwischen der "Selbstbestimmt-Leben"- Bewegung (mit Verbündeten) sowie Medizin und Großeinrichtungen der Behindertenhilfe zu verfolgen. Es wird in diesem zeitgeschichtlich-historischen Dokument sehr differenziert deutlich, wo die Macht war und wo sie angesichts der Vervielfachung der Institutionalisierung behinderter Menschen und dem zähen Widerstand gegen De-Institutionalisierung bis heute geblieben ist. 


Zur Analyse (wissenschaftlich formuliert): Ein Spaltungsdiskurs zw. Förderbarkeit (Heilung) und Hilflosigkeit (schützend-aufbewahrende Pflege) steht auf der einen Seite. Auf der anderen ein Diskurs zu Integration, Anerkennung und zur Kritik des Heilungsparadigmas bzw. zur Kritik der Nutzung von Behinderung für Existenzsymbolik als Legitimationsdiskurs der Kirche.

 

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Ein weiterer Beitrag dokumentiert hier meines Erachtens diese von Klee in den 80-ern angestoßene Entwicklung zur unbedingten gleichberechtigten Inklusion und Teilhabe aller Menschen in all ihren unterschiedlich ausgeprägten Eigenarten und Lebensäußerungen:


Beitrag des Rumänischen Pavillons auf der Kunst-Biennale 2022 in Venedig 

 

  • Ernst Klee hätte wohl diesen Beitrag begrüßt - ein Wermutstropfen wäre es für ihn eventuell, dass dieser "intime" Beitrag immer noch - 2022 - auf einer "Kunstausstellung" als ein 'besonderes' "Show-Element" präsentiert wird - und noch nicht längst normales Leben im natürlichen individuellen Miteinander ist ...

 

Nachruf auf Ernst Klee 2013

 

Der Historiker, Sozialpädagoge und Theologe Ernst Klee ist im Mai 2013 im Alter von 71 Jahren gestorben.

 

Wie der S. Fischer Verlag am Samstag mitteilte, starb Klee nach langer schwerer Krankheit in seiner Frankfurter Wohnung. Klee kämpfte über Jahrzehnte als Aufklärer für die Aufarbeitung der NS-Zeit. Nüchtern und akribisch setzte er sich vor allem mit den Gräueltaten auseinander, die Behinderte und seelisch Kranke im Nationalsozialismus erleiden mussten.

 

Internationales Renommee erwarb sich Klee bereits 1983 mit seinem Buch «Euthanasie im NS-Staat. Die Vernichtung lebensunwerten Lebens», in dem er bis dahin weitgehend unbekanntes Archivmaterial zu diesem Themenkomplex erschloss. 1997 erschien sein Buch «Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer», das die Rolle der Medizin in der Zeit beleuchtet. In dem Werk geht es um Klees Forschungen zur Euthanasie. Es werden die Experimente beleuchtet, die im Namen der medizinischen Forschung an wehrlosen Menschen vorgenommen worden waren.

 

Klee wurde für seine Abhandlungen unter anderem mit der höchsten Auszeichnung des Landes Hessens, der Wilhelm-Leuschner-Medaille, geehrt. Er erhielt für seine Forschungsarbeiten die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt und den angesehenen Geschwister-Scholl-Preis. Außerdem bekam der gelernte Heizungstechniker 1982 den Adolf-Grimme-Preis überreicht. Weitere bekannte Werke von ihm sind das «Personenlexikon zum Dritten Reich» und das «Kulturlexikon zum Dritten Reich».

 

(FRANKFURTER RUNDSCHAU 18.05.2013 | dpa/lhe)

_______________________________

 

Ohne Ernst Klee

wäre eine Erforschung der Opferbiographie Erna Kronshage rasch an ihre Grenzen gestoßen.

 

Das erschreckende Ausmaß der Anstalt "Tiegenhof"/Dziekanka in "Gnesen"/Gniezno-PL als eine der gnadenlosen Tötungsfabriken in der Zeit zwischen 1939-1945 unter der deutschen Gewaltherrschaft in Polen wäre ohne die emsige und penible Forschungsarbeit Ernst Klees seit den 70-er Jahren wohl kaum in vollem Umfang in Deutschland zu Tage gebracht worden.

Die Anstalt "Tiegenhof" passte sich seinerzeit geradezu "flexibel" den jeweiligen aktuell aufeinander folgenden verschiedenen NS-"Euthanasie"-Wellen an mit ihren rigorosen Massentötungsaktionen - als da waren: Gaswagen-Tötungen der polnischen Psychiatrie-Insassen, zentral Berlin-gesteuerte T4-"Euthanasie" (1939-1941), danach die als zentralgesteuerte Lazarettbettenbeschaffung getarnte und dezentral durchgeführte "Sonderaktion Brandt", parallel dazu immer die dezentral und lokalgesteuerte so genannte "Wilde Euthanasie", die Tötungen von KZ-Kranken (14f13) - sowie auch eine der todbringenden so genannten "Kinderfachabteilungen" (Tötung behinderter Kinder) - immer unter der Federführung ihres übereifrigen und kollaborierenden Direktors und Chefarztes Dr. med. Victor Ratka und dessen nationalsozialistischen T-4-Vorgesetzten in Berlin sowie die abkommandierten deutschen Helfershelfer vor Ort - und war somit "von der ersten Stunde an" dienstbar als eine der makaberen "Forschungsstellen" für die späterhin rasche und mit "deutscher Gründlichkeit" organisiert durchgezogene "reibungslose" millionenfache Tötung all der Mitbürger jüdischen Glaubens ...

Es ist das Verdienst besonders auch von Ernst Klee, all diese damals ineinander greifenden mörderischen Zusammenhänge der Nachkriegsöffentlichkeit nachdrücklich aufzuzeigen und bekannt zu machen - manchmal gegen die erheblichen Widerstände der Nachfolgeinstitutionen und der zum Teil noch öffentlich agierenden und unbehelligt lebenden Täter sowie deren Nachkommen und ihren oft berufsständischen, familiären und gesinnungsverwandten Seilschaften...

Ich hatte seit den 80-er Jahren mehrmals Kontakte zu Ernst Klee aufgrund meiner Forschungsarbeit zum Schicksal Erna Kronshage, wo er mir mit entscheidenden Hinweisen gerade zur Anstalt Tiegenhof und zu Dr. Ratka weiterhelfen konnte. Er räumte mir mit seinem Namen in der noch schwierigen Anfangsphase der Forschung dankbarerweise auch punktuelle Co-Leserechte in auswärtige relevante Gerichtsakten ein.

 

BEARBEITETE NEUAUFLAGE DIESES "KLASSIKERS" ZUM THEMA: Ernst Klee, "Euthanasie" im Dritten Reich, 2010 (1983), 736 S.

 

 

Ernst Klee - (c) Dr. Walter H. Pehle

 

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

 

Ernst Klee (* 15. März 1942 in Frankfurt am Main; † Mai 2013 ebenda) war ein deutscher Investigativjournalist, Filmemacher undSchriftsteller.

Klee wurde durch zahlreiche Bücher zu Randgruppen (Ausländern, Obdachlosen, Psychiatriepatienten oder Behinderten) bekannt. Seine Aufdeckung von bisher unbekannten Medizinverbrechen, besonders im Zusammenhang mit den Euthanasieverbrechen der Aktion T4 und deren mangelhafter Strafverfolgung, machte ihn noch bekannter. Aus der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus erarbeitete Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich.

 

Leben 

Nach einer Lehre als Sanitär- und Heizungstechniker holte Klee das Abitur nach und studierte Theologie und Sozialpädagogik. Von 1973 bis 1982 hatte er einen Lehrauftrag für Behindertenpädagogik an der Fachhochschule Frankfurt.

 

In den 1970er Jahren befasste er sich als Journalist und Sozialarbeiter mit gesellschaftlich ausgegrenzten Gruppen wie Obdachlosen, Psychiatriepatienten und behinderten Menschen. In dieser Zeit arbeitete er mit Gusti Steiner zusammen, der damals den Grundstock für die bundesdeutsche emanzipatorische Behindertenbewegung legte.

 

Für das Buch Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer erhielt er 1997 den Geschwister-Scholl-Preis. Der Historiker Michael Burleigh urteilte, das Buch liefere „zahlreiche neue Erkenntnisse“ und stelle „zweifellos die bislang bedeutendste Untersuchung zur Rolle der Medizin im Dritten Reich“ dar.

 

Die Stadt Frankfurt am Main ehrte Klee 2001 für das Buch Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945 mit der Goetheplakette. In der Begründung heißt es, Klees Gesamtwerk sei „geeignet, bürgerliche Freiheit, moralischen und intellektuellen Mut zu fördern und dem Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse zu geben“.

 

Mit seinem Personenlexikon zum Dritten Reich sei Klee „ein Standardwerk gelungen“, lobte Willi Jasper. Darin versucht Klee personelle Kontinuitäten zwischen dem Dritten Reich und dem Nachkriegsdeutschland aufzuzeigen. Sein Kulturlexikon zum Dritten Reich in der Ausgabe von 2007 wurde dagegen von verschiedenen Rezensenten negativ beurteilt.

 

Klees Einsatz für die Belange behinderter Menschen war ausschlaggebend dafür, dass sich die vormalige Westfälische Schule für Körperbehinderte in Mettingen im Jahr 2005 ihm zu Ehren in Ernst-Klee-Schule umbenannte.

 

Er schrieb auch für die Wochenzeitung Die Zeit. Zwischen 1974 und 1995 erschienen von ihm dort 27 Artikel. Exemplarisch sei auch auf die 2003 publizierte Kritik an der Beschönigung von Nazi-Karrieren in der DBE verwiesen oder auf seine Darstellung vom Verhältnis deutscher Künstler zu den Vernichtungslagern. Zeit-Redakteur Karl-Heinz Janßen würdigte Ernst Klee: „Auch die Zeitgeschichtsforschung ließ dieses Thema Medizinverbrechen in der NS-Zeit links liegen; […] wäre da nicht der freie Journalist Ernst Klee gewesen, der sich die Mühe macht, Tausende von Prozessakten zu lesen und die Anstaltsarchive zu durchwühlen, wüsste man heute fast nichts über eine der schauerlichsten Untaten dieses Jahrhunderts.“

Klee starb im Mai 2013 nach langer schwerer Krankheit in seiner Heimatstadt.

 

Auszeichnungen (Auszug)

  • 1971: Kurt-Magnus-Preis der ARD für zwei Features über Strafvollzug und Nichtsesshafte
  • 1981: Fernsehfilmpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste für Verspottet
  • 1982: Adolf-Grimme-Preis für den Fernsehfilm Verspottet – über das Leben einer Kleinwüchsigen
  • 1997: Geschwister-Scholl-Preis
  • 2001: Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main
  • 2007: Wilhelm-Leuschner-Medaille

 

 

Hier ist die komplette Bibliographie & Filmographie von Ernst Klee . Zusammengestellt von Milan Weber M. A. - Gedenkstätte Hadamar Dr. Esther Abel Wissenschaftliche Dokumentarin . Sammlungsmanagement / Gedenkstättendokumentation Gedenkstätte Hadamar

"Es wird wieder gestorben werden müssen" ....

Ernst Klee
"Rassenhygiene" nach Art der Ärzteschaft: Die deutsche Psychiatrie wurde von den Nazis nicht mißbraucht, sie brauchte die Nazis. Das Morden wurde auch nach Kriegsende fortgesetzt  
Von Ernst Klee

 

1940/41 werden in insgesamt sechs Vergasungsanstalten 70.273 Menschen ermordet. Das Gas liefern die IG Farben Ludwigshafen. Das Zahngold der Ermordeten bekommt die Degussa. Die Gehirne verarbeiten das Kaiser-Wilhelm-Institut für Gehirnforschung in Berlin und das Kaiser-Wilhelm-Institut in München (beide heute Max-Planck-Institute). Den Gasmord organisiert eine Zentralstelle in der Berliner Tiergartenstraße 4 (kurz T4 genannt). Im August 1941 verordnet Hitler einen Vergasungsstopp. Dennoch wird weiter gemordet: mit Medikamenten, mittels Hunger, im Einzelfall per Elektroschock. Ein weltweit einmaliges Verbrechen: Psychiater versuchen, ihre Kranken auszurotten.

 

 

Die deutsche Psychiatrie brauchte die Nazis

Zwischen 1933 und 1945 geschieht nichts, was Psychiater nicht schon lange vor den Nazis gefordert hatten. Emil Kraepelin etwa schreibt 1918: "Ein unumschränkter Herrscher, der ... rücksichtslos in die Lebensgewohnheiten der Menschen einzugreifen vermöchte, würde im Laufe weniger Jahrzehnte bestimmt eine Abnahme des Irreseins erreichen können."

Hermann Simon, Anstaltsleiter in Gütersloh, definiert 1931 den Personenkreis angeblich Minderwertiger als Körperschwache, Kränkliche, Schwächliche, Schwachsinnige, Krüppel, Geisteskranke. Er kommt zu dem Schluss: "Es wird wieder gestorben werden müssen." Und Ernst Rüdin schreibt 1934: "Der Psychiater muss sich mit den Gesunden gegen Erbkranke verbünden. ... Dem hohen Zuchtziel einer erbgesunden, begabten, hochwertigen Rasse muss der Psychiater dienstbar sein."

Rüdin, der die Zwangssterilisierung als die "humanste Tat der Menschheit" bezeichnete, sagt 1934 über Hitler: "Die Bedeutung der Rassenhygiene ist in Deutschland erst durch das politische Werk Adolf Hitlers allen aufgeweckten Deutschen offenbar geworden, und erst durch ihn wurde endlich unser mehr als dreißigjähriger Traum zur Wirklichkeit, Rassenhygiene in die Tat umsetzen zu können." Die deutsche Psychiatrie wurde von den Nazis nicht missbraucht, sie brauchte die Nazis.

Psychiater diffamierten ihre Patienten aus Schwäche, denn sie kannten weder Therapie noch Heilung. Sie beseitigten zuerst jene, die ihnen ihr Unvermögen vor Augen führten: die chronisch Kranken, die sogenannten Unheilbaren. Der nahezu unaussprechliche Höhepunkt deutscher Psychiatriegeschichte: Sie sagten "behandeln", wenn sie mordeten.

Es gibt keinen Psychiater, der dem Massenmord Widerstand leistete. Im Gegenteil: Direktoren der württembergischen Anstalten besichtigten die Vergasungsanstalt Grafeneck, die Vergasung ihrer Patienten inklusive. In der bayerischen Diakonie-Anstalt Neuendettelsau meldet Rektor Lauerer Patienten nach, weil sie als Hilfskräfte für die Hausarbeit nicht in Betracht kommen. Die westfälische Heilerziehungsanstalt Wittekingshof bittet die Generalstaatsanwaltschaft Hamm, schwierige Patienten in ein Arbeitslager, sprich: KZ, einzuweisen.

Die Vernichtung der Unheilbaren versetzte die Beteiligten, so T4-Psychiater Prof. Friedrich Panse, in "eine berauschende Gehobenheit". Prof. Paul Nitsche, psychiatrischer Leiter beim Massenmord: "Es ist doch herrlich, wenn wir in den Anstalten den Ballast los werden und nun wirklich richtige Therapie treiben können." Richtige Therapie, das hieß: Cardiazol-Schocks, Insulin-Schocks, Elektro-Schocks.

 

 

"Ballastexistenzen" dienen als menschliche Versuchskaninchen

Der Massenmord wurde nicht nur als einmalige Gelegenheit genutzt, die "Ballastexistenzen" loszuwerden, die "Lebensunwerten" dienten auch als menschliche Versuchskaninchen: In den Wittenauer Heilstätten werden behinderte Kinder zu Versuchszwecken künstlich mit Tuberkulose angesteckt. Gleiches geschieht in der bayerischen Anstalt Kaufbeuren. Erhalten sind Fotos der Kinder, die sie nackt in ihrer Angst zeigen. Dr. Georg Hensel, verantwortlich für die tödlichen Versuche, schreibt schon 1940 in seiner Habilschrift: "Da mit dieser Art der Schutzimpfung beim Menschen ein Neuland betreten wurde, erscheint es selbstverständlich, daß für die Vakzination (Impfung von lebenden Krankheitserregern, d.Red.) vorläufig nur Säuglinge in Frage kommen, die schwere körperliche und geistige Missbildung aufweisen und deren Lebenserhaltung für die Nation keinen Vorteil bedeutet."

Die Anstalt Brandenburg-Görden war die zentrale Mordstätte für behinderte Kinder. Hier wurden deutsche Ärzte zu Kindermördern ausgebildet, hier sterben Kinder für Doktorarbeiten und wissenschaftliche Karrieren.

Zentraler Verwerter der Morde ist Julius Hallervorden. Er ist im Herbst 1940 bei der Vergasung ausgewählter Kinder anwesend, um am Tatort die Gehirne herauszuschneiden. Hallervordens Hirnforschung wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Am 8. Dezember 1942 meldet er der DFG, dass er "im Laufe dieses Sommers 500 Gehirne von Schwachsinningen selbst sezieren" konnte. Nach dem Kriege schwärmt er: "Es war wunderbares Material unter diesen Gehirnen, Schwachsinnige, Missbildungen und frühe Kinderkrankheiten." Hallervorden ist nach 1945 Abteilungsleiter am Max-Planck-Institut für Hirnforschung. Hans Heinze, der Direktor der Brandburger Mordanstalt, wird Leiter der Jugendpsychiatrie im niedersächsischen Wunstorf.

In der oberschlesischen Anstalt Lubliniec werden Kinder und Jugendliche nach ihrer sozialen Brauchbarkeit selektiert und mit Luminal getötet. Gehirne und Rückenmark werden an Prof. Viktor von Weizsäcker, Neurologisches Forschungsinstitut Breslau, geschickt. Die Jugendpsychiaterin Elisabeth Hecker dazu: "Ich darf wohl nur andeutungsweise darauf hinweisen, welch gut untersuchtes Material auf der Pflegestation zusammenkommt, wenn nach dem Tode der Kinder das Gehirn durch das neurologische Forschungsinstitut in Breslau untersucht wird. Prof. von Weizsäcker hat sich entgegenkommenderweise bereit erklärt, diese hirnpathologischen Untersuchungen machen zu lassen." Elisabeth Hecker gilt als Begründerin der Westfälischen Klinik für Jugendpsychiatrie in Hamm. Von ihr stammt der Satz: "Ein Tag ohne Goethe ist ein verlorener Tag."

 

 

Auch die Pharma-Industrie profitiert von den Experimenten

Die Pharma-Industrie nutzt die Gelegenheit. Die IG Farben Höchst kooperiert mit der hessischen Anstalt Eichberg, um Präparate im Menschenversuch zu erproben. In der bayerischen Anstalt Günzburg befindet sich ein eigenes Versuchslabor der IG Farben Ludwigshafen. Die Anstalt stellt Räume und "Krankenmaterial" zur Verfügung. Der Hygieniker Gerhard Rose vom Robert-Koch-Institut kooperiert wiederum mit Bayer-Leverkusen. Kennzeichen dieser Versuche ist, daß Menschen, die keine Malaria habe, künstlich zu Malariakranken gemacht werden. In der sächsischen Psychiatrie in Arnsdorf, wo eine Assistentin aus Leverkusen beschäftigt wird, übernimmt der Direktor Prof. Wilhelm Sagel die Infizierung.

In der Marburger Psychiatrie finden Versuche der Behringwerke statt. In einem Bericht der Verwaltung des Bezirksverbandes Hessen heißt es 1937: "Eine systematische Ausprobierung des hefeartigen Mittels Eugenozym, das angeblich nicht nur die Schizophrenie heilt, sondern auch die Erbmassen der Schizophreniekranken günstig verändern soll, wurde in monatelang fortgesetzten Versuchen bei einer größeren Anzahl alter und frischer Fälle von Schizophrenie durchgeführt, gemeinsam mit der Landesheilanstalt Herborn."

Der spätere Neurologie-Papst Georg Schaltenbrand hält die multiple Sklerose für eine Infektionskrankheit. Deshalb überträgt er Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) von MS-Kranken auf Affen. Er glaubt, bei den Affen eine Form von MS erzeugt zu haben und injiziert den Liquor der Affen auf Patienten der fränkischen Anstalt Werneck. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Versuche enden, als im Oktober 1940 die Wernecker Patienten zur Vergasung abtransportiert werden. Georg Schaltenbrand wird nach 1945 Erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.

Menschenversuche im KZ und in der Psychiatrie wurden auch sonst von der DFG finanziert. 1999 ist ein Buch des Historikers Notker Hammerstein erschienen: "Die Deutsche Forschungsgemeinschaft in der Weimarer Republik und im Dritten Reich." Eine Auftragsarbeit, ein letzter Versuch der Reinwäsche: So wird die Arbeit des Psychiaters Robert Ritter, der Sinti und Roma nach Auschwitz definierte und selektierte, als "allgemeinmedizinische Forschung" hochstilisiert. Über die NS-Rassenhygiene heißt es, viele Forscher seien den "üblichen Auffassungen von moderner Hygiene, von Fürsorge und Vorsorgepflicht der öffentlichen Hand für Geschädigte, sogenannte Asoziale oder Behinderte" gefolgt. Auf diese Weise werden noch 1999 Vordenker und Handlanger von Auschwitz und Hadamar in den Dunstkreis von Für- und Vorsorge gerückt.

 

 

Ermordet wird bis 1945, aber auch noch in den Jahren danach

In der sächsischen Anstalt Großschweidnitz sind zwischen 1939 und 1945 über 5700 Patienten "gestorben". In Hadamar werden allein 1941 an die 10.000 Menschen vergast und danach etwa 5000 mit Hunger und Spritzen ermordet. Im Januar 1945, zwei Monate vor dem Einmarsch der Amerikaner, bestellt Dr. Adolf Wahlmann noch 10.000 Veronaltabletten, um weiterhin Patienten vergiften zu können. Von der Befreiung Hadamars gibt es Filmaufnahmen der US-Armee. Sie zeigen zum Skelett abgemagerte Menschen, wie sie aus den Konzentrationslagern bekannt sind.

In der Anstalt Meseritz-Obrawalde, 150 Kilometer östlich von Berlin, werden ab 1942 rund 18.000 Menschen ermordet. Die letzten am 28. Januar 1945, einen Tag bevor die sowjetische Armee eintrifft. Einige tausend noch ungenutzter Urnen dokumentieren, dass weiter gemordet werden sollte. In der bayerischen Anstalt Kaufbeuren hatte Direktor Valentin Falthauser aus eigenem Antrieb eine spezielle "Hungerkost" entwickelt, wonach seine Patienten binnen dreier Monate verhungerten. Noch drei Monate nach der Befreiung und nach der Verhaftung des Direktors geht das Massensterben weiter.

In der brandenburgischen Anstalt Teuplitz leben am 28. April 1945, am Tag der Befreiung, noch 600 Bewohner. Ende Oktober sind es nur noch 54 Patienten. In der sächsischen Anstalt Altscherbitz sterben 1945 mehr Menschen als während der Nazi-Zeit. Die Sterberate beträgt 1945 genau 36,5 Prozent, das sind 838 Menschen. 1947 steigt die Sterberate auf 38 Prozent, das sind 887 Menschen.

In der württembergischen Anstalt Zwiefalten sterben 1945 rund 46,5 Prozent der Insassen, doppelt so viele wie 1944. In der pommerschen Anstalt Ueckermünde beträgt 1945 die Sterblichkeit 55 Prozent. In der Anstalt Bernburg/Saale verdoppelt sich 1945 die Zahl der Sterbefälle.

Schloss Hoym in Sachsen-Anhalt ist während der Nazi-Zeit eine Absterbeanstalt für sogenannte psychiatrische Pflegefälle. Auch hier beginnt das Massensterben erst nach der Befreiung. Bei 500 Bewohnern beträgt 1945 der "durchschnittliche Sargbedarf" 250 Särge. Auch die Anstalt Düsseldorf-Grafenberg hat 1946/47 eine Sterberate von 55 Prozent, 1948/49 sind es noch immer 30 Prozent. Grafenberg hatte schon vor den Nazis Kranke zur Erprobung von Malaria-Präparaten den Pharmazeuten bei Bayer-Elberfeld zur Verfügung gestellt.

 

 

Verhungern lassen - auch eine Art Menschen zu ermorden

Der Psychiater Heinz Faulstich ("Hungersterben in der Psychiatrie 1914-1949", 1988) hat als erster Vertreter seines Faches die Ermordung mittels Hunger dokumentiert. Faulstich gibt für die Nachkriegszeit eine Mindestzahl von 20.000 Toten an, wahrscheinlich seien es jedoch erheblich mehr. Eine exakte Bestandsaufnahme scheitert daran, dass zahlreiche Anstalten ihre Unterlagen vernichtet haben.

Bis heute finden die Täter im Regelfall mehr Verständnis als ihre Opfer. Es gibt eine Ausnahme: Mitarbeiter der Wittenauer Heilstätten in Berlin haben die Vergangenheit ihrer Klinik aufgearbeitet. Von 1939 bis zum Kriegsende am 24. April 1945 waren 4607 Patienten umgekommen, in der Regel etwa 20 Tage nach ihrer Einlieferung. Nach der Befreiung werden 2500 Menschen neu aufgenommen, davon "sterben" im selben Jahr 1400, etwa 55 Prozent.

Seit 1957 heisst die Einrichtung Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik. Bonhoeffer war Gutachter bei der "Unfruchtbarmachung geistig Minderwertiger" (Bonhoeffer), freiwillig, wie alle. Noch nach seiner Pensionierung arbeitete Bonhoeffer für die rassistischen Sterilisierungsgerichte der Nazis. Im Dezember 1941 hat er einen sogenannten Halbjuden zu begutachten, der 14 Jahre zuvor ein einziges Mal in der Psychiatrie gewesen war. Selbst das NS-Erbgesundheitsgericht hat Bedenken, da er keinerlei kranke Symptome zeigte und normal arbeite. Bonhoeffer empfiehlt dennoch die Sterilisierung.

Menschen, die zwangssterilisiert wurden, fielen dem Rassenwahn der Nazi-Zeit zum Opfer, wurden aber rechtlich nie als Nazi-Verfolgte anerkannt und entschädigt. Es bleiben lediglich Almosen aus einem Härtefallfonds. Die Täter setzen ihre Karriere ohne Scham fort, traten sogar als Gutachter in Entschädigungsfällen auf und verhöhnten ihre Opfer, angesichts ihrer Minderwertigkeit könne kein seelischer Schaden vorliegen.

Einer der meistgeehrten Psychiater der Nachkriegszeit war Prof. Helmut E. Ehrhardt, Mitglied der NSDAP seit 1937, Ordinarius für Gerichtliche und Soziale Medizin in Marburg. Ehrhardt tat sich vielfach als Weißwäscher der Nazi-Psychiatrie hervor. 1963 meinte er in einem Gutachten für das Bundesfinanzministerium: "Eine Entschädigungsregelung für die Sterilisierten würde in vielen Fällen zu einer ... Verhöhnung des echtes Gedankens der Wiedergutmachung." Ehrhardt wurde mit der Paracelsus-Medaille, der höchsten Auszeichnung der deutschen Ärzteschaft, geehrt. Er war unter anderem Mitglied des Beirats für Seelische Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation, des ethischen Komitees und der forensischen Sektion des Weltverbandes für Psychiatrie, zuletzt auch Ehrenmitglied.

 

 

Die Opfer werden verhöhnt, und die Täter werden geschützt

Die Verhöhnung der Opfer hat Tradition: bereits 1946 erstattete der Wiener Ordinarius der Psychiatrie Otto Plötz ein Gutachten, wonach die Verabreichung von Giften eine besonders humane Tötung gewesen sei, da die Opfer in den Tod "dahindämmern". Der Wiener Gerichtsmediziner Leopold Breitenecker gutachtete 1967 in einem Prozess gegen Vergasungsärzte über den Gaskammertod: "Es ist sicherlich eine der humansten Tötungsarten überhaupt." (Ks 1/66 GStA Frankfurt a. M.). Breitenecker, Gründer der Österreichischen Gesellschaft für gerichtliche Medizin, war Mitglied diverser Ethik-Kommissionen. Sein Sohn Manfred, Universitätsprofessor am Institut für theoretische Physik der Universität Wien, meinte noch in diesem Jahr, die Angehörigen der Ermordeten könnten die Aussage über das Sterben in der Gaskammer "vielleicht als Trost" empfinden.

Der Schutz mörderischer Kollegen stand höher als das Leid der Opfer. So wird verständlich, dass Psychiatrieprofessor Werner Heyde, der medizinische Leiter des Gasmords, bis 1959 mit Wissen zahlreicher Kollegen unter dem Namen Dr. Sawade als Gutachter in Entschädigungsfällen arbeiten konnte.

Täterschutz galt bis zum Tode: Die Todesanzeige der Ärztekammer Niedersachsen für Dr. med. Klaus Endruweit, zum Vergasen in der Anstalt Sonnenstein in Pirna eingesetzt, lautet: "Wir werden seiner ehrend gedenken." In der Todesanzeige der Klinik Wunstorf für Hans Heinze, den ehemaligen Leiter der größten Kindermordstätte der NS-Zeit, steht: "Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren."

In der Todesanzeige der Universität Kiel für Prof. Werner Catel, verantwortlich für den Kinder-Massenmord, heißt es, er habe "in vielfältiger Weise zum Wohle kranker Kinder beigetragen". Und die Traueranzeige der Psychiatrischen Universitätsklinik Düsseldorf für Prof. Friedrich Panse gipfelt in dem Satz: "Ein Leben der Arbeit im Dienst leidender Mitmenschen ... ist vollendet." Panse war T4-Gutachter, das heißt, er gutachtete Patienten in die Gaskammer.

 

Wer Täter ehrt, mordet ihre Opfer noch einmal.

 

 

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