Adolf Hitler Berlin, den 1. September 1939
Reichsleiter B o u h l e r und
Dr. med. B r a n d t
sind unter Verantwortung beauftragt, die Befug-
nisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu er-
weitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar
Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krank-
heitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann.
gez. Adolf Hitler
Von Bouhler mir
übergeben am 27.8.40
Dr. Gürtner
Mit dem sogenannten "Gnadentoderlass", zurückdatiert von Hitler auf den 01.09.1939, hatten die von den NS-Verantwortlichen angezettelten "Euthanasie"-Aktionen, die darauf hin erfolgten, ihre ursprüngliche angeblich juristische Legitimität erhalten - galt doch ein "Führer"-Erlass auf privatem Briefpapier stillschweigend wie ein Gesetz.
Späterhin wurde Anweisungen, Modifizierungen und Formulierungen zum Krankenmord meist nur noch mündlich oder verklausuliert erteilt, in ambivalenten und "distanzierten" Führungsanweisungen - ohne direkte später nachweisbare Verantwortlichkeit persönlich übernehmen zu müssen.
Die Ärzte vor Ort hatten folgerichtig zu "erahnen", was geltendes "Recht" bei der Ermordung von Patienten war.
Zitat aus: Ulf Schmidt: Hitlers Arzt Karl Brandt, 2009, S. 242-243 u. 342:
In Nürnberg schilderte Brandt, was er in Bethel gesehen hatte:
»Ich habe bei Herrn [von] Bodelschwingh in Bethel mit ihm gemeinsam Besuche bei den Kranken gemacht. Wir sind auf der Kinderstation gewesen und haben im Anschluss daran über einzelne Kinder gesprochen, nicht im Hinblick darauf, ob man dieses Kind nun selbst der Euthanasie zuführen soll oder nicht, sondern ob ein solches Wesen überhaupt ein menschliches Dasein noch fühlt. Ich erinnere mich an Kinder von 8-10 Jahren, die wirklich nichts weiter gewesen sind, als ein jämmerliches und armseliges Stück Lebewesen.« ...
Im Februar 1943, als die beiden Männer noch einmal über Brandts Besuch des Kinderheimes sprachen, hob von Bodelschwingh hervor, diese Kinder seien von
unschätzbarem Wert für die Gesellschaft, da sie den Menschen etwas über die Menschheit an sich beibrächten.
Im Oktober 1945 sagt Brandt bei einer Vernehmung aus:
»Pastor Bodelschwingh bestand darauf, dass diese Schwachen und Behinderten von Gott in die Welt gebracht wurden, damit die Menschen an ihnen seine Liebe praktisch beweisen könnten.«
Die Patienten und ihre Lebensumstände zu sehen muss bei Brandt einen tiefen Eindruck hinterlassen haben, da er sich im Februar 1943, als er Bodelschwingh in Berlin traf, und während des Arzteprozesses 1945 noch lebhaft an sie erinnerte.
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